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Vergleichende Vegetations- und Florenuntersuchungen - Repräsentativer Überblick über Standorte und Artenzusammensetzung der straßenbegleitenden Vegetation in der Bundesrepublik Deutschland sowie ihr ökologischer Wert für Landschaftspflege und Naturschutz
2.103
IDN 703441
Forschungsstelle Universität Göttingen, Systematisch-Geobotanisches Institut (Prof. Dr. Runge)
Bearbeiter Schmidt, W.
Stottele, T.
Auftraggeber Bundesminister für Verkehr, Bonn
Stand Abschluss: Dezember 1987

Auf der Grundlage von 14 repräsentativen Landschaftsausschnitten in Meßtischblattgröße (120 km ) werden die straßenbegleitende Vegetation und Flora der Bundesrepublik Deutschland beschrieben und ihre Verbreitungstandortkundlich analysiert. Kleinräumig betrachtet sind Struktur und Artenzusammensetzung der gehölzfreien Pflanzengesellschaften am Straßenrand ausgesprochen heterogen. Im überregionalen Vergleich lassen sich jedoch sechs weit verbreitete Straßenrandgesellschaften herausarbeiten, die wie ihre Untereinheitenpflanzen soziologisch eingeordnet werden. Mäßig aufwuchsreiche Rotschwingel- und Schafschwingel-Straßenböschungen sind typisch für Landschaften mit basenarmen Böden. Glatthafer-Straßenböschungen bilden die in der Bundesrepublik am weitesten verbreitete Straßenrand-Gesellschaft. Möhren-Glatthafer-Straßenböschungen, die sich in Tieflagen als "Ruderale Wiesen" charakterisieren lassen, und Brennessel-Glatthafer-Straßenböschungen mit vielfältigen Übergängen zu Stickstoff-Krautfluren sind die vorherrschenden Untergesellschaften. Feuchte Flatterbinsen- Straßenmulden bleiben mit Ausnahme grundwassernaher und niederschlagsreicher Landschaften auf wenige Straßenabschnitte beschränkt. Aus den angesätenRotschwingelrasen der jungen Rasenflächen bilden sich nach wenigen Jahren Pionierstadien der regional verbreiteten Straßenrand-Gesellschaften. In Fahrbahnnähe, wo Emissionen, Tausalze, Bodenverletzungen und Grünpflege am stärksten einwirken, entwickeln sich entsprechend der Belastungsintensität differenzierte Breitwegerich-Löwenzahn-Bankette. Die in den letzten 20 Jahren gepflanzten Straßenrand-Gehölze zeichnen sich durch ein Übergewicht von Bäumen und Pioniergehölzen und zahlreiche standortfremde und exotische Arten aus, wodurch ihr Wert sehr eingeschränkt wird. Charakteristisch für die Straßenrand-Vegetation ist ihr Grundartenbestand aus allgegenwärtigen Grünland- und Ruderalpflanzen. Daher bieten selbst relativ magere Straßenränder bedrohten Pflanzengesellschaften wie z.B. Kalk-Magerrasen keine geeigneten Rückzugsflächen. Zu entsprechenden Ergebnissen führt eine Analyse der Straßenrand-Flora. Zwar zählen Straßenränder zu den artenreichsten linearen Landschaftselementen, Rote-Liste-Arten kommen jedoch nur vereinzelt und niemals in stabilen Populationen vor. Durch ihren Anteil von 30-50 % der in der Landschaft verbreiteten Gefäßpflanzen können Straßenränder sehr wohl zur Bestandssicherung der heimischen Flora beitragen. Dies gilt insbesondere für Arten lückiger Sandrasen und Heiden, mesophiler Wiesengesellschaften und warm-trockener Säume, wenn die Böschungen oberbodenarm, wenig bepflanzt und gegen Dünger und Herbizideinträge geschützt sind. Veränderungen in der Landwirtschaft werden den Wert der Straßenränder besonders in heute noch reich strukturierten Landschaftenzunehmen lassen. Voraussetzung ist eine ökologisch differenzierte Pflegeplanung für jede Straßen- und Autobahnmeisterei. Hierfür bietet die Studie eine unerläßliche Informationsquelle. In einer abschließenden Bewertung der Untersuchungsergebnisse werden erste Empfehlungen für eine standortgemäße Straßenrandpflege gegeben.

Veröffentlichung T. Stottele: Vergleichende Vegetations- und Florenuntersuchungen an Straßen und Autobahnen der Bundesrepublik Deutschland, dargestellt am Beispiel der Lüneburger Heide. In: Erfassung und Bewertung anthropogener Vegetationsveränderungen, Teil 3. Halle/Saale: Martin-Luther-Universität, 1987, S. 211-253