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Detailergebnis zu DOK-Nr. 79107

Urteil des OLG Frankfurt vom 22.06.2022 zu §§ 1, 8 Abs. 1 StVO; 17 U 21/22

Autoren
Sachgebiete 3.9 Straßenverkehrsrecht
5.13 Ruhender Verkehr (Parkflächen, Parkbauten)

Verkehrsrechtliche Mitteilungen 69 (2022) Nr. 8, S. 62-63

Fahrgassen auf Parkplätzen sind grundsätzlich keine dem fließenden Verkehr dienenden Straßen und gewähren deshalb keine Vorfahrt. Kreuzen sich zwei dem Parkplatzsuchverkehr dienende Fahrgassen eines Parkplatzes beziehungsweise eines Parkhauses, gilt für die herannahenden Fahrzeugführer das Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme (§ 1 StVO), das heißt, jeder Fahrzeugführer ist verpflichtet, defensiv zu fahren und die Verständigung mit dem jeweils anderen Fahrzeugführer zu suchen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die angelegten Fahrstreifen eindeutig und unmissverständlich Straßencharakter haben und sich bereits aus ihrer baulichen Anlage ergibt, dass sie nicht der Suche von freien Parkplätzen dienen, sondern der Zu- und Abfahrt der Fahrzeuge. Für den Straßencharakter können eine für den Begegnungsverkehr ausreichende Breite der Fahrgassen und andere leicht fassbare bauliche Merkmale einer Straße wie Bürgersteige, Randstreifen oder Gräben sprechen. Fehlt es an solchen baulichen Merkmalen, muss die Ausgestaltung umso klarer durch die Fahrbahnführung und -markierung sein. Maßgeblich ist jedoch, dass die Funktion des § 8 Abs. 1 StVO, nämlich die Schaffung und Aufrechterhaltung eines (quasi) fließenden Verkehrs, auf der fraglichen Verkehrsfläche deutlich im Vordergrund steht. Eine Fahrgasse zwischen markierten Parkreihen ist daher keine Fahrbahn mit Straßencharakter, wenn die Abwicklung des ein- und ausparkenden Rangierverkehrs zumindest auch zweckbestimmend ist.