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Detailergebnis zu DOK-Nr. 43444

Zulässigkeit und Grund der verkehrsrechtlichen Anordnung von Nachtfahrverboten zu Lasten des Lastkraftverkehrs auf Bundesstraßen

Autoren U. Steiner
Sachgebiete 3.3 Gemeingebrauch, Sondernutzungen, Gestattungen
3.5 Nachbarrecht, Anbaurecht

Deutsches Autorecht 63 (1994) Nr. 9, S. 341-348

§ 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO läßt zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm als Folge des Kraftfahrzeugverkehrs den Erlaß von Nachtfahrverboten auf Bundesstraßen zu Lasten des Lastkraftwagenverkehrs zu. Es muß jedoch eine regelungsbedürftige atypische Gefahrenlage vorliegen, die im Rang dem Schutzgut der verkehrsbezogenen öffentlichen Sicherheit entspricht. Insofern besteht ein qualitativer Unterschied zu den Verkehrsbeschränkungen, wie z.B. streckenbezogene Geschwindigkeitsbeschränkungen. Nachtfahrverbote sind keine Mittel der allgemeinen Umweltpolitik oder Verkehrspolitik. Sie sind nur zulässig, wenn sie der wirksamen Verringerung einer schlechterdings unerträglichen Lärmbelastung dienen. Die Lärmintensität muß die Richtwerte der "vorläufigen Richtlinien für straßen- und verkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm" erheblich überschreiten. Liegt eine derartig unerträgliche Belastung für die Wohnbevölkerung vor, steht die Anordnung eines Lkw-Nachtfahrverbotes im Ermessen der zuständigen Straßenverkehrsbehörde, die bei ihrer Entscheidung die Grundsätze der Eignung, der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit der straßenverkehrsrechtlichen Anordnung beachten muß. Bei der Ermessensentscheidung müssen auch alle gewichtigen öffentlichen und privaten Interessen in die Abwägung eingestellt werden, die gegen eine Anordnung sprechen könnten, z.B.: a) Die Erwägung, daß eine Bundesfernstraße auf eine möglichst ungehinderte zügige Abwicklung des Fernverkehrs in allen seinen Erscheinungsformen angelegt ist, b) ein Lkw-Nachtfahrverbot privater Betroffener (Versender, Transportunternehmer, Berufskraftfahrer, Empfängerbetriebe) in ihren grundrechtlich geschützten Wirkungsbereich (Art. 12, Art. 14 GG) beeinträchtigen kann, c) und daß bei Rücksicht auf die oben genannten Belange eine geeignete und zumutbare Umfahrung zur Verfügung stehen muß.