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Detailergebnis zu DOK-Nr. 66757

Verbandsklagen im Umweltrecht: aktueller Stand, Perspektiven und praktische Probleme

Autoren M.-J. Seibert
Sachgebiete 3.10 Umwelt-/Naturschutzrecht

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 32 (2013) Nr. 16, S. 1040-1049, 84 Q

Als Reaktion auf das Trianel-Urteil des EuGH hat der Gesetzgeber das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz mit Wirkung vom 29.01.2013 geändert. Vor dem Hintergrund der Neuregelung der Verbandsklage beleuchtet der Beitrag deren Entwicklung, die Gesetzesänderungen, die noch offenen Fragen sowie die praktische Bedeutung der Verbandsklage. Im Umweltrecht stoßen die unterschiedlichen Konzepte von verwaltungsgerichtlichem Rechtsschutz in der europäischen Union wie in keinem anderen Rechtsgebiet aufeinander. Die deutsche Umweltverbandsklage befindet sich im Zentrum dieses Spannungsverhältnisses und spiegelt die Konkurrenz der verschiedenen Systeme wider. Ausgehend von der Hegel'schen Unterscheidung zwischen Privatinteressen und Interessen der Allgemeinheit hat sich in Deutschland das süddeutsche Modell des Individualrechtsschutzes durchgesetzt, das auf den Schutz der subjektiven Rechte des Einzelnen ausgerichtet ist. Es ist in §§ 42, 113 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung) sowie Art. 19 IV GG normativ verankert. Allgemeininteressen und die zu ihrem Schutz erlassenen Normen sollen hingegen grundsätzlich allein von den dazu berufenen staatlichen Stellen durchgesetzt werden. Dem steht das Modell der objektiven Rechtskontrolle gegenüber, das als Idee etwa dem französischen Verwaltungsrechtsschutz zugrunde liegt. Die Klagemöglichkeit des Einzelnen ist nur das Mittel, diesen Zweck zu erreichen; er tritt als Anwalt der Rechtsstaatlichkeit auf. Der Individualschutz ist hier gewissermaßen bloße Nebenwirkung der Rechtskontrolle. Im Umweltrecht werden die Auswirkungen der unterschiedlichen Systemverständnisse besonders deutlich. Viele Umweltschutznormen dienen zwar auch dem Schutz des Einzelnen, soweit sie insbesondere vor Gesundheitsbeeinträchtigungen oder erheblichen Nachteilen schützen. Zentrale Bereiche des Umweltrechts wie das Naturschutzrecht, Teile des Wasserrechts oder auch Vorsorgenormen dienen aber nach herrschender Meinung allein dem Allgemeininteresse und begründen keine subjektiven Rechte. Es obliegt danach allein der Umweltverwaltung, den Vollzug dieser umweltrechtlichen Normen sicherzustellen.