Detailergebnis zu DOK-Nr. 36017
Verkehr und öffentliches Bewußtsein
| Autoren |
W. Brög |
|---|---|
| Sachgebiete |
5.3.4 Öffentlicher Personennahverkehr |
Zukunft des Verkehrswesens - Verkehrsplanung der Zukunft, Tagungsbericht, 1986, S. 150-167, 3 B, 10 T, 6 Q, Gesamthochschule Kassel
In einem Demonstrationsprojekt für das Verkehrsministerium des Staates Victoria sollte 1984 die Tauglichkeit neuer (Modell-)Ansätze zur Erklärung vorhandener und zur Abschätzung zukünftiger Nachfrage im ÖPNV erprobt werden. Am Beispiel der geplanten Verlängerung einer Straßenbahnlinie in Melbourne, Stadtteil Bundoora, wurde der von SOCIALDATA, München, entwickelte Situationsansatz eingesetzt. Jedes Individuum befindet sich in einer subjektiv erlebten Verhaltenssituation, die ihm nur einen, begrenzten Handlungsspielraum zur Realisierung seiner aushäusigen Aktivitäten eroffnet. Erst die genaue Kenntnis dieser subjektiven Situationen sowie der Abweichungen von der "objektiven" Realität erlaubt Rückschlüsse und bietet Ansätze für Maßnahmen zur Verhaltensbeeinflussung. In dem Stadtgebiet, das durch die Linien-Verlängerung erschlossen werden sollte, gab es bereits Buslinien. Als Hauptgrund für deren Nichtbenutzung stellten sich neben objektiven Gründen (38 %) die unzureichende Information bzw. ein verzerrtes Bild ihrer Leistungsfähigkeit heraus; subjektive Einschätzungen von Reisezeit, Fahrtkosten und Komfort spielten dagegen eine geringe Rolle. Daraus wurde gefolgert, daß nicht allein durch Systemverbesserungen, sondern durch Maßnahmen im subiektiven Bereich (public awareness) die Verkehrsmittelwahl beeinflußt werden konnte. Um den ÖPNV als unverzichtbare kommunale Dienstleistung im Bewußtsein der üurger zu positionieren, wurde eine umfassende Public- Awareness-Kampagne mit Fernsehspots und Zeitungsanzeigen durchgeführt. Dabei wurde auch eine krasse Fehleinschätzung der positiven Grundstimmung in der Bevölkerung durch ÖPNV- Betreiber und Experten deutlich. Im Referenz-Zeitraum ergab sich eine Nachfrage-Steigerung von 8 %. Vergleichbare Untersuchungen wurden 1985 in Perth und Sydney, 1986 in Graz und danach auch in Berlin und Stuttgart durchgeführt.