Detailergebnis zu DOK-Nr. 37811
Intervention als Konstante deutscher Verkehrspolitik
Autoren |
A. Diekmann |
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Sachgebiete |
0.2 Verkehrspolitik, Verkehrswirtschaft |
Zeitschrift für Verkehrswissenschaft 60 (1989) Nr. 2/3, S. 85-101, 2 T, 61 Q
Verf. zeigt in einem Rückblick, wie seit Erlaß des Preußischen Eisenbahngesetzes von 1838 eine latente Interessenverknüpfung von Staat und Eisenbahn die Verkehrspolitik bis heute entscheidend und häufig kontraproduktiv beeinflußt hat. Anfangs konnte die Bahn aus der optimalen Abstimmung von Fahrweg und Fahrzeug und ihrer Monopolstellung vielfältigen staatlichen Ansprüchen genügen, sogar eine Einnahmenquelle bieten. Eigentum, Verwaltung und Unterhaltung der Staatsstraßen waren vergleichsweise unbedeutend und wurden 1873/75 in Preußen an die Provinzialverwaltungen abgegeben. Mit der Verbreitung des Kraftwagens in den 20er Jahren erst wurde die Straße als eigener Verkehrsträger begriffen, in den 30ern die Zersplitterung der Zuständigkeit für Straßenplanung beendet. Gleichzeitig begann die Deutsche Reichsbahn durch zahlreiche Gesetzesinitiativen sich der Konkurrenz durch Lkw zu erwehren und ihre Monopolstellung zu sichern. Nach Kriegsende wurde ein Leistungswettbewerb zwischen den Verkehrsträgern in einer marktwirtschaftlichen Verkehrsordnung durch Besitzstandwahrung, Festschreibungen, Konzessionierung und Tarifoffensiven wiederum vereitelt. Es war neben dem Güterstrukturwandel, der die Bahn vom Wachstum des Güterverkehrsmarktes ausschloß, vor allem die Intervention des Staates, die der Bundesbahn den Weg zu erfolgreicher unternehmerischer Tätigkeit versperrte. Suchte zunächst die Bahn Argumente, um den Staat zum Eingreifen zu bewegen, mußte zunehmend der Staat den steigenden Einsatz allgemeiner Steuermittel zur Stützung der Bahn rechtfertigen. Verf. untersucht die Stichhaltigkeit einschlägiger Argumentationslinien wie Gemeinwirtschaftlichkeit, Wegekosten, Verkehrssicherheit, Umweltfreundlichkeit. Dabei wird deutlich, daß viele Antworten von Partialinteressen, Methodenstreit und unzulänglicher Datenbasis geprägt sind, insbesondere bei der Zurechnung externer Kosten. Das Problem einer adäquaten Wegeausgabenanlastung bei Schiene und Straße ließe sich nicht mit Hilfe exakter Rechnungen, sondern nur durch Konvention aus der Welt schaffen. Verf. schließt mit dem Ausblick auf einen notwendigen Wandel staatlicher Infrastrukturpolitik, die im europäischen Verkehrsmarkt nicht mehr der Strukturkonservierung, sondern der technischen und organisatorischen Entwicklung zur effizienten Nutzung der Kapazitäten dienen darf.