Detailergebnis zu DOK-Nr. 42434
Kenngrößen subjektiver Sicherheitsbewertung (FA 8935 der BASt)
Autoren |
H. Groß G. Rudinger H. Holte |
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Sachgebiete |
6.3 Verkehrssicherheit (Unfälle) |
Bonn: Psychologisches Institut der Universität Bonn, 1993, 242 S., zahlr. B, T, Q
Um mehr über den Prozeß der Sicherheitsbewertung von Verkehrsteilnehmern in Erfahrung zu bringen, wurden drei methodisch unterschiedliche Zugänge gewählt: Beobachtung des Verkehrsgeschehens, Befragungen von Verkehrsteilnehmern und ein Laborexperiment mit Verkehrsteilnehmern. Zugrundegelegt wurde ein im Rahmen des Projekts entwickeltes Modell, in dem für die Steuerung des Verkehrsverhaltens ein relativ stabiles einstellungsähnliches Konstrukt (SUSI-Trait) und eine situationsbezogene Bewertung der eigenen Sicherheit (SUSI-State) eine zentrale Rolle spielen. Die Verkehrsbeobachtungen an je zwei Innerorts- und Außerortsstrecken dienten primär der Hypothesengenerierung zur Konkretisierung des Experiments. Mittels Videoaufzeichnung wurden 5.771 Fahrzeuge in verschiedenen Verkehrssituationen erfaßt. Fehlende generelle Geschlechts- und Alterseffekte stützen unsere grundlegende Annahme, daß das Fahrverhalten wesentlich durch mit diesen Merkmalen interagierende Facetten des Verkehrssystems beeinflußt wird, wie zum Beispiel der Meßort und die (soziale) Mitfahrersituation. In der Befragung von Verkehrsteilnehmern wurde die situationsübergreifende Sicherheit als einstellungsähnliches Konstrukt definiert und durch die Komponenten Affekt, Kognition und Verhaltensdisposition charakterisiert. Hier zeigt sich, daß die Risikobereitschaft im Straßenverkehr bei Männern deutlich größer ist als bei Frauen. Das chronologische Alter erwies sich nur in der Interaktion mit der Schulbildung als bedeutsam. Jüngere mit niedrigem Bildungsstand zeigten eine deutlich stärkere Bereitschaft zum Risiko als die übrigen Gruppen. Im anschließenden Laborexperiment wurden auf der Basis eines zwanzig Fahrszenen umfassenden Videofilms, der aus der Fahrerperspektive aufgenommen wurde, das situationsbezogene subjektive Risiko und die Verhaltensintention erhoben. Hier ergaben sich bei den Verkehrsteilnehmern keine Geschlechts-, Alters- und Bildungsunterschiede. Das subjektive Risiko ist abhängig vom Streckentyp und von der Anwesenheit einer mitfahrenden Person. Diese Anwesenheit einer mitfahrenden Person übt auf die Verhaltensbereitschaft von Frauen und Männern einen unterschiedlichen Einfluß aus. Sind Mitfahrende im Auto, so zeigen lediglich Frauen ein vorsichtigeres Fahrverhalten. Die situationsbezogene subjektive Sicherheitsbewertung (SUSI-State) ist generell abhängig von der Fahrerfahrung und der vom Probanden antizipierten Verhaltensintention von Freunden. Bedingungen der situationsübergreifenden Sicherheitsbewertung (SUSI-Trait) sind die subjektive Norm und die individuelle Bedeutung des Autos. Beide Aspekte der subjektiven Sicherheitsbewertung erwiesen sich als geeignete Prädiktoren der Verhaltensintention.