Detailergebnis zu DOK-Nr. 48111
Urteil des BVerwG vom 28. Mai 1998 zur Ausweisung von Anwohnerparkzonen - 3 C 11.97
Autoren | |
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Sachgebiete |
3.9 Straßenverkehrsrecht 5.13 Ruhender Verkehr (Parkflächen, Parkbauten) |
Verkehrsrechtliche Mitteilungen 45 (1998) Nr. 10, S. 73-75
Die Kläger, eine in Köln ansässige Rechtsanwalts- und Wirtschaftsprüferkanzlei, wenden sich gegen die vom Oberstadtdirektor verfügte Ausweisung der Anwohnerparkzone "Kunibertsviertel", die dem bevorrechtigten Parken von Anwohnern dient. In diesem Stadtviertel, das einer von 16 Innenstadtbereichen ist, in dem ebenfalls Anwohnerparkzonen ausgewiesen sind, leben ca. 4.800 Bewohner; die Anwohnerparkzone erstreckt sich über mehrere Straßenzüge und ist kein reines Wohngebiet (Schulen, Hochschulen, Kirchen, Altenheime, Krankenhaus, Verwaltungsgebäude, gewerblich genutzte Gebäude). Für die Mitarbeiter und Klienten der genannten Kanzleien - so der Vortrag der Kläger - würde das Parken in der Anwohnerzone unzumutbar erschwert, so daß sie als Freiberufler in existenzvernichtender Weise von der Ausweisung der Anwohnerparkzone betroffen seien. Der 3. Senat des Bundesverwaltungsgericht ist in seinem Urteil vom 28. Mai 1998 - 3 C 11.97 - im Ergebnis der Auffassung der Kläger gefolgt und hat ausgeführt, daß § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG sowie § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 StVO keine ausreichende Rechtsgrundlage für eine derartig umfassende Ausweisung einer Anwohnerparkzone darstellen; dies wird im Kern auch unter Bezugnahme auf die bereits vorliegende Rechtsprechung (Urteil vom 28. September 1994 - 11 C 24.93 - Buchholz 442.151; § 45 StVO, Nr. 30, S. 8; Urteil vom 12. November 1992 - 3 C 6.90 - BVerwGE 91, 168, 172) begründet: Die aus dem Begriff des Anwohners (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG, § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 StVO) folgende enge räumliche Verbindung zwischen Wohnung und Pkw-Abstellplatz erfordert eine Beschränkung der Anwohnerparkzone auf einen Nahbereich, der in aller Regel nicht mehr als zwei bis drei Straßen umfaßt (und nicht bereits ein ganzes Stadtviertel). Daß der Begriff des Anwohners in diesem engen Verständnis aufzufassen ist, leitet das Gericht insbesondere auch aus der systematischen Betrachtung von § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG ab, in dem neben den Anwohnern die Schwerbehinderten und Blinden als jeweils spezifisch privilegierte Personengruppe genannt wird. § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG stellt nach Auffassung des Gerichtes eine gesetzliche Ermächtigung für konkrete Einzelmaßnahmen zum Schutz der jeweils betroffenen Anwohner und anderer Personengruppen dar, so daß diese Vorschrift gerade nicht eine grundlegende städteplanerische Entscheidungsbefugnis vorsieht. Es ist das gesetzgeberische Ziel der Parkbevorrechtigung für Anwohner, daß diese Personen leichter einen Parkplatz finden, wenn sie mit dem Auto nach Hause kommen (vgl. die amtliche Begründung, in BT.-Drucksache 8/3150, S. 9). Das Gericht führt aus, daß es mit dieser gesetzgeberischen Zielsetzung unvereinbar ist, wenn die Parkbevorrechtigung auf ein gesamtes Stadtviertel ausgedehnt wird, so daß man - unter mißbräuchlicher Inanspruchnahme seines vermeintlichen Vorrechtes - alle Verrichtungen des täglichen Lebens mit dem Auto erledigen könnte.