Detailergebnis zu DOK-Nr. 54276
Einsichten in die Dynamik des Reifen/Fahrbahn-Kontaktes und deren Bedeutung für geregelte Bremsvorgänge / On the dynamics of tire/road contact and the relevance for controlled braking)
Autoren |
N. Kendziorra V. Härtel |
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Sachgebiete |
14.1 Griffigkeit, Rauheit |
Reifen, Fahrwerk, Fahrbahn - Tagung, Hannover, 29. und 30. Oktober 2003. Düsseldorf: VDI-Verlag, 2003 (VDI-Berichte H. 1791) S. 71-94, 16 B, 15 Q
Die Charakterisierung des Reibverhaltens eines Reifens auf vorgegebener Fahrbahn erfolgt üblicherweise über µ-Schlupfkurven, die z. B. für Potenzialabschätzungen und die Simulation in Fahrzeugmodellen Verwendung finden. Diese µ-Schlupfkurven beschreiben das integrale Kraftschlussverhalten als Funktion der Schlupfgeschwindigkeit, geben dabei aber keine Auskunft über die komplexen physikalischen Wechselwirkungen zwischen Reifen und Fahrbahn. Die Bestimmung von Reibcharakteristiken kann am Fahrzeug, auf Rad-Prüfeinrichtungen oder an Prüfkörpern vorgenommen werden, mit zum Teil deutlichen Abweichungen untereinander. Neuere Analysen von ABS-geregelten Bremsvorgängen auf trockener Fahrbahn zeigen die Notwendigkeit, sich eingehender mit der Dynamik des Reibkontaktes auseinander zu setzen. Die vorgestellten Ergebnisse aus Fahrzeug- und Laborversuchen geben einen detaillierten Einblick in die Vorgänge beim Bremsen an der Haftungsgrenze. So verursacht das Aufbringen sehr hoher Scherkräfte beim Bremsvorgang typische Klotzverformungen, die zu einer deutlichen geometrischen Veränderung der Kontaktfläche gegenüber dem frei rollenden Reifen führen. Die Topologie der Straße zeigt bei mikroskopischer Betrachtung nutzbare Kontaktflächen von nur 0,1 bis 1 % der nominalen Reifenaufstandsflächen. Damit muss man eher von punktförmigen Kontakten ausgehen, verbunden mit einer hohen Kontaktpressung und einer starken lokalen Temperaturerhöhung. Die maximal erzielbaren Reibbeiwerte an einem Fahrzeug werden diskutiert und dabei wird auf die Bedeutung von Stick-Slip-Vorgängen eingegangen.