Detailergebnis zu DOK-Nr. 66519
Der Irrweg regulatorischer Marktspaltung: zur Novelle des Personenbeförderungsgesetzes in Deutschland
Autoren |
G. Knieps |
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Sachgebiete |
3.0 Gesetzgebung 5.3.4 Öffentlicher Personennahverkehr |
Zeitschrift für Verkehrswissenschaft 84 (2013) Nr. 1, S. 69-77, 15 Q
Zum 1. Januar 2013 ist die Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) in Kraft getreten. Die wettbewerbsfeindliche Bedarfsprüfung gilt für den Linienbusfernverkehr nicht mehr, sodass auf diesem Markt fortan umfassender Marktzutritt möglich ist (§ 13 Abs. 2, letzter Satz). Wie konnte es geschehen, dass auf wichtigen Dienstleistungsmärkten der Prozess der Marktöffnung bis zum Jahre 2013 gedauert hat, obwohl der ordnungspolitische Paradigmenwechsel von gesetzlich geschützten Monopolen in den Verkehrs- und Versorgungssektoren hin zu offenen Märkten mit der 6. Kartellrechtsnovelle im Jahr 1998 endgültig vollzogen wurde? Seit dieser Zeit werden Verkehrs- und Versorgungsmärkte grundsätzlich nicht mehr als wettbewerbliche Ausnahmebereiche angesehen. Allerdings spielt die Konzeption der Bedarfsprüfung im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nach wie vor eine zentrale Rolle. Die in der Novelle des PBefG vollzogene Marktspaltung in vor Marktzutritt geschütztem Öffentlichem Personennahverkehr und wettbewerblichem Linienbusfernverkehr ist willkürlich. Wettbewerbspotenziale zeigen sich bei freiem Marktzutritt sowohl im Fernverkehr als auch im Nahverkehr. Regulatorische Marktabgrenzungen hinsichtlich der Reisedistanz oder Reisezeit sagen weder etwas über die erforderlichen technischen Regulierungen, noch über den branchenspezifischen Verbraucherschutz oder über den verbleibenden Marktmachtregulierungsbedarf beim Zugang zu den erforderlichen Infrastruktureinrichtungen aus. Zudem gilt, dass nicht nur im Nahverkehr, sondern auch im Fernverkehr politisch gewünschte defizitäre Universaldienstleistungen im Ausschreibungswettbewerb bereitgestellt werden können.