Detailergebnis zu DOK-Nr. 70860
Impulsivität und riskantes Fahrverhalten bei Kraftfahrern in Deutschland und der Schweiz
Autoren |
M. Keller T. Wagner |
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Sachgebiete |
6.1 Verkehrserhebungen, Verkehrsmessungen 6.3 Verkehrssicherheit (Unfälle) |
Zeitschrift für Verkehrssicherheit 62 (2016) Nr. 3, S. 31-37, 1 B, 3 T, zahlr. Q
Überhöhte Geschwindigkeit und Raserei beeinträchtigen in Deutschland und der Schweiz ganz wesentlich die Verkehrssicherheit. Circa ein Drittel aller Unfälle mit tödlichem Ausgang geht auf Unfälle durch nicht angepasste Geschwindigkeit zurück. Neuere Studien zeigen, dass dem Konstrukt Impulsivität im Kontext maladaptiven Verhaltens eine besondere Bedeutung zufällt. Daher wurde in einer deutsch-schweizerischen Stichprobe von N = 361 Kraftfahrern (sowohl aktenkundig Auffällige als auch vermeintlich Unauffällige) die Funktionalität von Impulsivität (erfasst mit der Skala BIS von Patton et al.) auf riskantes Fahrverhalten (Geschwindigkeitsübertretungen) untersucht. Die Studienteilnehmer bearbeiteten eine mehrseitige Fragebogenbatterie, bestehend aus einer Impulsivitätsskala (BIS) sowie verkehrsrelevanten Einstellungen und Bewertungsdispositionen auf der einen und Angaben zu Geschwindigkeitsübertretungen auf der anderen Seite. Die Korrelationen zwischen den Skalen zeigen in die erwartete Richtung. Dabei korreliert Impulsivität negativ mit dem Alter (junge Fahrer zeigen demnach höhere Werte), nicht dagegen mit Geschlecht oder der Fahrpraxis. Bedeutsame Zusammenhänge bildet Impulsivität auch mit Affordanzsensitivität, affektiver Reagibilität und Regelkonformität (negative Richtung). Um den "Wirkmechanismus" von Impulsivität besser verstehen zu können, wurden mithilfe regressionsanalytischer Verfahren mehrere Mediatormodelle (jeweils für die Mediatoren Affordanzsensitivität, affektive Reagibilität und Regelkonformität) berechnet. Dabei konnte ein vollständiger Mediatoreffekt bestätigt werden. Impulsivität entfaltet demnach ihren Effekt auf selbstberichtetes riskantes Fahrverhalten (Häufigkeit erheblicher Geschwindigkeitsübertretungen) über die vermittelnden Variablen Affordanzsensitivität, affektive Reagibilität und Regelkonformität, ohne zusätzlich einen eigenständigen Erklärungsbeitrag zu leisten. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund des Impulskontrollsystems und praktischer Bedeutsamkeit für die Fahreignungsbegutachtung sowie Interventionsmaßnahmen diskutiert.