Detailergebnis zu DOK-Nr. 71745
Gestaltungssatzungen der zweiten Generation - vom bewahrenden zum ermöglichenden Instrument
Autoren |
P. Dechow |
---|---|
Sachgebiete |
5.3.1 Stadt- und Verkehrsplanung |
PLANERIN (2017) Nr. 1, S. 49-51, 5 B
Gestaltungssatzungen gehören zu den umstrittensten Instrumenten im Städtebau. Viele Eigentümer von Häusern oder Bauwillige sehen in den oft sehr detaillierten Gestaltungsvorgaben einen übertriebenen und unberechtigten Eingriff in ihre Gestaltungsfreiheit. Und auch seitens der Architektenschaft gibt es eine verbreitete Skepsis, nicht nur weil sie die Gestaltungshoheit beschneiden. Kritisiert wird auch die oft einseitige Ausrichtung an historischen Vorbildern, wodurch die Satzungen rückwärtsgewandt erscheinen und einen unflexiblen und formalen Charakter haben, der einer lebendigen Entwicklung der Baukultur entgegenstehe. Insbesondere die mittelalterlichen Altstadtkerne werden gerne als Beispiel angeführt, da diese nach weitverbreiteter Meinung "gewachsen" sind, also nicht das Werk starrer Regelungen, sondern Ergebnis einer Reihe von Rahmenbedingungen. Dies sind beispielsweise die eingeschränkte Verfügbarkeit von Baumaterialien, die zu einer einheitlichen Materialität führten, oder die wirtschaftlichen Verhältnisse des Bauherrn und sein sozialer Stand, die Einfluss auf Größe und Ausgestaltung des einzelnen Gebäudes hatten. Weiter setzte die Baukonstruktion gewisse Grenzen, die unter anderem die Form des Hauptbaukörpers oder die maximal möglichen Fenstergrößen und das Verhältnis geschlossener Wandanteile zu Fenstern bestimmt. Nicht zuletzt sind es auch die Baukonventionen und die ungeschriebenen Gesetze der bauenden Zünfte, die einen gewissen einheitlichen Rahmen gewährleisteten. Im Vergleich dazu wirken Gestaltungssatzungen zunächst erzwungen und leblos. Ein Blick auf durch Satzung reglementierte Gebiete scheint diesen Eindruck zu bestätigen. Neue Architektur fügt sich zwar ein, doch man hat den Eindruck, dass sie sich "wegduckt", als fühlte sie sich nur geduldet zwischen den historischen Bauten. Ihr fehlen oftmals die Lebendigkeit und der Stolz der Nachbargebäude, die sich mit einer selbstbewussten, ihrer Entstehungszeit gemäßen Gestaltung zeigen, wie beispielsweise barocke Fassaden, die sich oft ohne Schwierigkeiten in die mittelalterlichen Stadtkerne mischen.