Detailergebnis zu DOK-Nr. 75033
In memoriam Klothoidentafel
Autoren |
W. Wirth |
---|---|
Sachgebiete |
0.1 Straßengeschichte 5.10 Entwurf und Trassierung |
Straßenverkehrstechnik 63 (2019) Nr. 12, S. 874-877, 4 B
Die Klothoidentafel ist eine Spätgeborene: Ursprünglich sollte sie schon 1948 herauskommen, selbst die endgültige Herausgabe verzögerte sich um ein Jahr, wie das mit "Bonn, im Dezember 1953" unterzeichnete Geleitwort von Hugo Koester ausweist. Auch das von den drei Autoren Kasper, Schürba, Lorenz gemeinsam verfasste Vorwort ist schon Ende 1953 entstanden, wie sich Zeitzeugen erinnern, auch wenn "Im Januar 1954" darunter steht. Koester, damals Ministerialdirigent in der Abteilung Straßenbau des Bundesministeriums für Verkehr, in dessen Auftrag die Klothoidentafel herausgegeben wurde, hat ebenso wie die Tabellen selbst schon eine längere Vergangenheit hinter sich. Die Wurzeln des Tafelwerks reichen bis in die 1930er-Jahre zurück: Im Vorwort weisen die Verfasser darauf hin, "daß die vorliegende Tafel auf den gleichen geometrischen Gesichtspunkten aufgebaut werden konnte, welche die Verfasser schon in den Jahren 1939 bis 1942 festgelegt hatten." Der eigentliche Anstoß für die Einführung der Klothoide in die Straßentrassierung erfolgt schon 1935: Im Juni dieses Jahres erscheinen die von der Gesellschaft für Straßenwesen in Wien und Niederösterreich herausgegebenen "Richtlinien für die Anlage und Linienführung neuzeitlicher Straßen mit gemischtem Verkehr", die unter der Federführung von Leopold Örley ausgearbeitet wurden. Darin lesen wir, dass bei reinen Kraftwagenstraßen für sehr hohe Geschwindigkeiten die Einschaltung von Übergangsbögen "üblich und zweckmäßig" sei. Das österreichische Landstraßen-Regelwerk, das Konrad Haasemann im November 1935 in einer Buchbesprechung in der Zeitschrift "Die Straße" jedem deutschen Straßenbauer empfiehlt, veranlasst den Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen, sogleich bei Örley ein Gutachten zum Thema "Übergangsbogen bei Straßenkrümmungen" in Auftrag zu geben. Es entsteht eine hochkarätige wissenschaftliche Abhandlung, die der Gutachter in seinem letzten Lebensjahr vollendet. Leopold Örley (1878-1936) erhielt nach längerem Baudienst bei der österreichischen Staatsbahn 1918 die Lehrkanzel für Straßen-, Eisenbahn- und Tunnelbau an der TH Wien. Das Gutachten, das postum in einer 82-seitigen Druckfassung im Berliner Verlag Volk und Reich veröffentlicht wird, ist gewissermaßen der "Ritterschlag für die Klothoide".