Detailergebnis zu DOK-Nr. 77196
Verbesserte Luftqualität 2020: Konsequenzen für Luftreinhaltepläne
Autoren |
M. Uechtritz D. Couzinet |
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Sachgebiete |
3.10 Umwelt-/Naturschutzrecht 5.3 Stadtverkehr (Allgemeines, Planungsgrundlagen) 6.9 Verkehrsemissionen, Immissionsschutz |
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 40 (2021) Nr. 17, S. 1258-1265, 56 Q
In der Vergangenheit haben Auseinandersetzungen um die Verpflichtung, Luftreinhaltepläne aufzustellen beziehungsweise bestehende Pläne fortzuschreiben (im Sinne der Ergänzung um weitere Maßnahmen), sowohl die Öffentlichkeit als auch die Verwaltungsgerichtsbarkeit intensiv beschäftigt. Aktuelle Daten zeigen inzwischen aber, dass sich die Luftqualität in jüngster Zeit signifikant verbessert hat. Im Jahr 2020 wurde der Grenzwert für Stickstoffdioxid fast an allen Messstationen eingehalten. Der Beitrag geht der Frage nach, inwieweit diese Entwicklung dazu zwingt, bestehende Luftreinhaltepläne oder einzelne belastende Maßnahmen (speziell intensiv eingreifende Verkehrsverbote) aufzuheben. Geprüft wird, unter welchen Voraussetzungen Handlungspflichten bestehen und welche Möglichkeiten der rechtlichen Geltendmachung einer derartigen Aufhebungspflicht für betroffene Bürger und Kommunen bestehen. Der Befund ist eindeutig: Die Luftqualität in Deutschland hat sich im Jahr 2020 (weiter) verbessert. Die Schadstoffbelastung ist rückläufig. Dies gilt auch für die verkehrsnahe Luftbelastung in Städten und Gemeinden. An den innerörtlichen, verkehrsnahen Messstellen haben sich die Belastungen durch Stickstoffdioxid signifikant reduziert. Nach einer Hochrechnung des Umweltbundesamts dürfte der Anteil aller verkehrsnahen Stationen mit Überschreitung des Immissionsgrenzwerts von 40 µg/m³ für Stickstoffdioxid (Jahresmittelwert) nur noch bei circa 3-4 % liegen. Der Rückgang der Luftschadstoffbelastung, speziell an den innerörtlichen verkehrsnahen Messstellen, hat verschiedene Ursachen: Zum einen spiegelt er die Wirkung von Maßnahmen wider, die im Vollzug von Luftreinhalteplänen getroffen wurden. Hierzu zählen auch die in der Diskussion im Vordergrund stehenden Verkehrsverbote für Dieselkraftfahrzeuge, die - regelmäßig in Umsetzung entsprechender gerichtlicher Vorgaben - in etliche Luftreinhaltepläne Eingang gefunden haben. Wesentliche Bedeutung für den Rückgang der Stickstoffdioxidbelastung kommt auch der Flottenmodernisierung zu, also der Ersetzung älterer Euro-4- und Euro-5-Diesel durch moderne Fahrzeuge mit (deutlich) geringeren Stickstoffdioxidemissionen. Daneben beeinflussen auch planunabhängige Maßnahmen und die Meteorologie die örtliche Luftqualität. Speziell mit Blick auf das Jahr 2020 stellt sich die Frage, inwieweit der Corona-Lockdown im Frühjahr 2020 und die hierdurch bewirkten Verkehrsreduzierungen die Luftqualität beeinflusst haben.