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Detailergebnis zu DOK-Nr. 77856

Anwendung der unionsrechtswidrigen HOAI-Mindestsatz-Regelung durch Gerichte - EuGH-Urteil vom 18.01.2022

Autoren
Sachgebiete 3.0 Gesetzgebung
4.3 Vertrags- und Verdingungswesen

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 41 (2022) Nr. 5, S. 314-319

Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht, bei dem ein Rechtsstreit anhängig ist, in dem sich ausschließlich Privatpersonen gegenüberstehen, nicht allein aufgrund dieses Rechts verpflichtet ist, eine nationale Regelung unangewendet zu lassen, die unter Verstoß gegen Art. 15 I, II Buchst. g und III RL 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt Mindesthonorare für die Leistungen von Architekten und Ingenieuren festsetzt und die Unwirksamkeit von Vereinbarungen vorsieht, die von dieser Regelung abweichen, jedoch unbeschadet zum einen der Möglichkeit dieses Gerichts, die Anwendung der Regelung im Rahmen eines solchen Rechtsstreits aufgrund des innerstaatlichen Rechts auszuschließen, und zum anderen des Rechts der durch die Unvereinbarkeit des nationalen Rechts mit dem Unionsrecht geschädigten Partei, Ersatz des ihr daraus entstandenen Schadens zu verlangen. Zum Sachverhalt: Das Urteil betrifft die Auslegung von Art. 49 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) sowie von Art. 15 I, II Buchst. g und III RL 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABI. 2006 L 376, 36; im Folgenden: RL 2006/123/EG). Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Thelen Technopark Berlin GmbH und MN über die Zahlung eines Honorars an MN. Am 02.06.2016 schlossen Thelen, eine Immobiliengesellschaft, und MN, ein Ingenieur, einen Ingenieurvertrag, in dessen Rahmen MN sich gegen die Zahlung eines Pauschalhonorars in Höhe von 55 025 EUR verpflichtete, zwecks der Verwirklichung eines Bauvorhabens in Berlin, bestimmte Leistungen nach der HOAI zu erbringen.