Detailergebnis zu DOK-Nr. 78180
Materielle Präklusion im deutschen Umwelt- und Planungsrecht: Handlungsspielräume des deutschen Gesetzgebers im Lichte der Rechtsprechung des EuGH
Autoren |
J. Lorenzen |
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Sachgebiete |
3.4 Bau- u. Planungsrecht, Planfeststellung 3.10 Umwelt-/Naturschutzrecht |
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 41 (2022) Nr. 10, S. 674-680, zahlr. Q
Dringend erforderliche Infrastrukturprojekte sehen sich in Deutschland langwierigen Genehmigungs- und anschließenden Gerichtsverfahren gegenüber. Um diese Prozesse zu beschleunigen und insbesondere die Energiewende zügiger voranzubringen, wird aktuell intensiv über die (Wieder-)Einführung der materiellen Präklusion in das deutsche Planungsrecht nachgedacht; der Koalitionsvertrag "Mehr Fortschritt wagen" (2021) bekennt sich ausdrücklich zu diesem Ziel. Dies nimmt der Beitrag zum Anlass, den Handlungsspielraum des nationalen Gesetzgebers im Lichte der einschlägigen EuGH-Judikatur, insbesondere der – kritisch zu bewertenden – Rechtssache Stichting Varkens, näher auszuloten. Die Transformation zur Klimaneutralität stellt Deutschland vor große Herausforderungen. Hierzu ist unter anderem der Ausbau erneuerbarer Energien sowie der hierfür benötigten Infrastruktur dringend erforderlich. Um die Genehmigungsverfahren solcher wie auch sonstiger Verkehrsinfrastrukturvorhaben zu beschleunigen, wurde in jüngerer Zeit immer wieder über eine Wiedereinführung materieller Präklusionsvorschriften diskutiert. War dies bereits ein – bis zuletzt nicht umgesetztes – Vorhaben der letzten Bundesregierung, findet sich das Ziel nun auch im aktuellen Koalitionsvertrag "Mehr Fortschritt wagen" (2021) der SPD-/Bündnis90/Die Grünen-/FDP-geführten Bundesregierung wieder. Ob ein solches Vorhaben angesichts der Rechtsprechung des EuGH Bestand haben kann, ist Gegenstand des Beitrags, der die diesbezüglichen Rechtsprechungslinien bis zur jüngsten Entscheidung in der Rechtssache Stichting Varkens vom 14.1.2021 kritisch reflektiert. Die Rechtsfigur der Präklusion galt lange Zeit als fester Bestandteil des deutschen Rechtssystems. Sie befasst sich mit den Rechtsfolgen unterlassener beziehungsweise verspätet vorgebrachter Einwendungen im Verwaltungsverfahren. Hauptsächlich wird dabei zwischen der formellen und materiellen Präklusion unterschieden. Während erstere allein den Ausschluss der Einwendungen im weiteren Verwaltungsverfahren bewirkt, geht die materielle Präklusion darüber hinaus, indem sie sich auch auf ein anschließendes verwaltungsgerichtliches Verfahren bezieht. Die Betroffenen verlieren die Möglichkeit, einen auf die präkludierten Einwendungen gestützten Abwehranspruch gerichtlich durchzusetzen.