Detailergebnis zu DOK-Nr. 78685
Cannabis, Verkehrssicherheit und die Debatte um die Anhebung des THC-Grenzwertes – eine Betrachtung aus verkehrspsychologischer und verkehrsrechtlicher Sicht
Autoren |
T. Wagner D. Müller |
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Sachgebiete |
3.9 Straßenverkehrsrecht 6.3 Verkehrssicherheit (Unfälle) |
Zeitschrift für Verkehrssicherheit 68 (2022) Nr. 3, S. 243-253, 4 B, 2 T, zahlr. Q
Unter den Betäubungsmitteln ist Cannabis auf allen Kontinenten und demnach auch in Europa die am häufigsten konsumierte illegale Droge. Auch in Deutschland ist Cannabis überaus beliebt und gilt inzwischen als "Lifestyle-Droge". Konsumenten von Cannabisprodukten, die nach Aufnahme dieser psychoaktiven Substanz ein Kraftfahrzeug führen, gefährden zum einen die Verkehrssicherheit und begründen zum anderen auch Zweifel an ihrer Fahreignung. Dabei gilt aktuell ein Grenzwert von 1,0 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC) im Blut. Dieser Grenzwert wird seit 2015 immer wieder diskutiert und eine Anhebung auf zum Beispiel 3,0 ng/ml oder mehr vorgeschlagen. Der Artikel liefert einen aktuellen Literaturüberblick über evidenzbasierte Zusammenhänge zwischen Cannabiskonsum, Unfallrisiken, Fahrsicherheit und fahreignungsrelevanten Auswirkungen. Dazu wurden aktuelle Literaturübersichten, Einzelstudien, Meta-Analysen und weitere relevante Artikel hinsichtlich ihrer Bedeutung für oder gegen eine Anhebung des THC-Grenzwerts betrachtet und gewürdigt. Diesen evidenzbasierten Berichten werden Erkenntnisse zu Konsumprävalenz, Konsummotiven und zur Wirkungsweise von Cannabis vorangestellt. Zudem werden Anforderungen an Grenzwerte aus rechtlicher Sicht beschrieben und ein Lagebild der aktuellen Rechtsprechung zum Umgang der ordentlichen Gerichtsbarkeit mit Grenzwerten gezeichnet. Diese müssen sich nicht daran halten und tun es auch nicht, da alle analytischen Grenzwerte, darunter auch jener für Cannabis, ausschließlich im Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog für Verkehrsordnungswidrigkeiten zu finden sind und daher lediglich den Rang einer die Entscheidungen der Exekutive (Polizei und Bußgeldbehörden) bindenden Verwaltungsvorschrift besitzen. Im Ergebnis ihrer Betrachtungen kommen die Autoren zu folgender Schlussfolgerung: Der aktuell gültige Grenzwert von 1 ng/ml THC erscheint maßvoll, er basiert auf dem Stand von Wissenschaft und Technik und bietet gleichzeitig die erforderliche Indikatorfunktion als "Risikokennwert". Seine Nützlichkeit besteht in der validen und zuverlässigen Identifikation jener Kraftfahrer, von denen ein erhöhtes Gefahrenpotenzial für die Verkehrsgemeinschaft ausgeht. Diese müssen eine Anordnung zur Überprüfung durch eine medizinisch-psychologische Untersuchung erhalten.