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Detailergebnis zu DOK-Nr. 75869

Fortschreibung eines Luftreinhalteplans und Zulässigkeit von Fahrverboten (Urteil des BVerwG vom 27.02.2020)

Autoren
Sachgebiete 3.10 Umwelt-/Naturschutzrecht
5.3 Stadtverkehr (Allgemeines, Planungsgrundlagen)
6.9 Verkehrsemissionen, Immissionsschutz

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 39 (2020) Nr. 16, S. 1191-1199, zahlr. Q

Weder die Zulässigkeit noch die Begründetheit einer Umweltverbandsklage auf Fortschreibung eines Luftreinhalteplans setzen das tatsächliche Bestehen einer SUP-Pflicht voraus. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beansprucht Geltung nicht nur hinsichtlich der Frage, wie ein Verkehrsverbot auszugestalten ist, sondern auch bei der vorgelagerten Frage, ob ein Verkehrsverbot anzuordnen ist. Ob sich ein Verkehrsverbot bei höheren als nur sehr geringfügigen Grenzwertüberschreitungen als unverhältnismäßig darstellt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. An die gerichtliche Überprüfung von Prognosen für Luftreinhaltepläne sind keine anderen Anforderungen zu stellen als bei sonstigen Prognosen. Luftreinhaltepläne müssen keine Maßnahmen für den Fall bereithalten, dass sich die Prognose der Grenzwerteinhaltung als zu positiv erweisen und absehbar nicht verwirklichen sollte. § 47 IV a BlmSchG (Bundes-Immissionsschutzgesetz) ist so auszulegen, dass durch diese Vorschrift eine tatsächliche Vermutung ausgedrückt werden soll, wonach bei Immissionswerten von 50 mg/m³ eine Unterschreitung des Grenzwerts aufgrund der ergriffenen Maßnahmen auch ohne Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge zu erwarten ist. Der Kläger, eine deutschlandweit tätige und nach § 3 UmwRG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) anerkannte Umweltschutzvereinigung, begehrt die Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die beigeladene Stadt Reutlingen. Für Reutlingen besteht seit dem Jahr 2005 ein mehrfach geänderter Luftreinhalteplan, der zahlreiche Maßnahmen zur Minderung der Feinstaub- und Stickstoffdioxidbelastung vorsieht.