Detailergebnis zu DOK-Nr. 80446
Drittschutzfragen bei Bebauungsplanfestsetzungen: Eine überblicksartige Bestandsaufnahme nach der "Wannsee-Entscheidung"
Autoren |
H.C. Fricke O. Menges |
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Sachgebiete |
3.4 Bau- u. Planungsrecht, Planfeststellung |
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 43 (2024) Nr. 4, S. 200-207, zahlr. Q
Die Diskussion um den Drittschutz bei Bebauungsplanfestsetzungen ist seit der "Wannsee-Rechtsprechung" des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) in Bewegung gekommen. Mit dieser Rechtsprechung sind die nachbarlichen Rechtsschutzmöglichkeiten erweitert worden. Der Beitrag gibt einen Überblick über den Drittschutz im Bauplanungsrecht, stellt den aktuellen Diskussionsstand zur "Wannsee-Rechtsprechung" dar und bewertet diesen. Abschließend werden offene Fragen erörtert, die sich aus dieser Rechtsprechung ergeben. Grundsätzlich dürfen Gemeinden selbst entscheiden, ob Festsetzungen im Bebauungsplan drittschützend sein sollen. Dies gilt jedoch nicht ausnahmslos. Es ist schon seit langer Zeit geklärt, dass es insbesondere bei der Festsetzung von Baugebieten nicht vom Willen der Gemeinde abhängt, ob die Planfestsetzung nachbarschützend ist. Nach der Rechtsprechung des BVerwG sind Festsetzungen in einem Bebauungsplan zur Art der baulichen Nutzung grundsätzlich drittschützend. Für einen abweichenden Gestaltungswillen bleibt insoweit kein Raum. Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem allgemeinen Gebietserhaltungsanspruch zu. Dieser stellt derzeit das "schärfste Schwert" im baurechtlichen Nachbarschutz dar, weil dieser Anspruch nicht von Art und Umfang einer tatsächlichen Betroffenheit des Nachbarn abhängt. Der Gebietserhaltungsanspruch – auch Gebietsgewährleistungsanspruch genannt – ist ein vom BVerwG für den Nachbarschutz im Bauplanungsrecht entwickeltes und in Rechtsprechung und Lehre allgemein anerkanntes Rechtsinstitut, das auf dem Gedanken des nachbarlichen Austauschverhältnisses beruht. Danach haben die Eigentümer von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet das Recht, sich unabhängig von einer individuellen Betroffenheit gegen Vorhaben zur Wehr zu setzen, die der Gebietsart widersprechen. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen (Prinzip des nachbarlichen Austauschverhältnisses).