Detailergebnis zu DOK-Nr. 80436
Offene Fragen zu Teleoperation und Automation im Straßenverkehr – oder: Führt die Digitalisierung zu einer paradoxen Entwicklung?
Autoren |
W. Fastenmeier |
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Sachgebiete |
0.11 Daten (EDV, IT, Internetanwendungen und Verkehrsdaten) 6.3 Verkehrssicherheit (Unfälle) 6.7.2 Verkehrsbeeinflussung außerorts, Verkehrsmanagement, Fahrerassistenzsysteme 0.3 Tagungen, Ausstellungen |
Zeitschrift für Verkehrssicherheit 70 (2024) Nr. 2, S. 153-159, 5 B, 1 T, zahlr. Q
Vollautomatisierte und autonome Fahrzeuge auf SAE-Level 4 und 5 sollen in Zukunft Fahrsituationen im Straßenverkehr ohne menschliche Unterstützung bewältigen. Zwar sind autonome Personenshuttles bereits auf europäischen Straßen anzutreffen, allerdings noch auf recht überschaubar vorgegebenen Strecken. Denn abgesehen von der generellen noch fraglichen technischen Machbarkeit wird die Leistungsfähigkeit der Fahrzeugautomatisierung mit Sicherheit in einer Reihe von Fällen überschritten. Hier kommt die sogenannte Teleoperation ins Spiel, die mittels Fernsteuerung – entweder als Remote Driving oder Remote Assistance – in der Lage ist, automatisierte und vernetzte Fahrzeuge (AVF) aus der Ferne zu bedienen, etwa korrigierend einzugreifen beziehungsweise in Fällen von Systemversagen als Rückfallebene zu fungieren. Als Basis zur Definition der Teleoperation (TO) wird in der Regel der SAE-Standard J3016 herangezogen. Daraus lassen sich zwei grundlegende Betriebsweisen ableiten: Tele-Assistenz (entspricht SAE J3016 Remote Assistance) und Tele-Fahren (entspricht SAE J3016 Remote Driving). Mit Entwicklung und Einsatz von Teleoperation geht eine Fülle an Herausforderungen technischer, juristischer und psychologischer Natur einher. So ist bislang das Tätigkeitsfeld der Teleoperation mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen beziehungsweise "Rollen" nur unzureichend beschrieben. Es lässt offen, welche Verantwortlichkeiten einer TO zugewiesen werden, also welche Aufgaben konkret übernommen werden sollen, und damit auch, mit welcher Aufgabenkomplexität eine TO konfrontiert sein wird. Der Teleoperateur sitzt zwar nicht im Fahrzeug, er führt aber dennoch Fahrzeugführungsaufgaben aus. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) aktuell im Bereich der Teleoperation (TO) von Fahrzeugen den zukünftigen Forschungsbedarf zusammengestellt, strukturiert und priorisiert hat. Dazu wurde eine Arbeitsgruppe mit fünf Clustern (Unterarbeitsgruppen) eingerichtet, die sich mit den verschiedenen technischen Herausforderungen, Schnittstellenproblematiken sowie Aufgaben und Anforderungen von Teleoperateuren befasst hat. Ergänzt wird der Beitrag mit einer kurzen Analyse multipler HMI, die durch die Automatisierung notwendig werden und dabei ebenso wie bei der Teleoperation den Eindruck entstehen lassen, Beispiele für die Ironien der Automation zu liefern. Der Beitrag beleuchtet aus arbeits- und verkehrspsychologischer Perspektive offene Fragen und offenbar paradoxe Entwicklungen zu diesen technischen Neuerungen im Straßenverkehr.