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Detailergebnis zu DOK-Nr. 81675

Zur Genese der autogerechten Stadt: Reflexionen zur Entwicklung eines Paradigmas

Autoren H. Kipke
Sachgebiete 0.1 Straßengeschichte
5.3 Stadtverkehr (Allgemeines, Planungsgrundlagen)

Köln: FGSV Verlag, 2024, 69 S., 69 B, 184 Q (Archiv für die Geschichte des Straßen- und Verkehrswesens (FGSV, Köln) H. 28) (FGSV G 28). - ISBN 978-3-86446-407-2

Die Kritik am Automobil ist so alt wie das Automobil selbst. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass in einer Gegenwart, in der die Städte Lösungen zur Einhaltung der Klimaziele liefern sollen, auch eine Kritik am Automobil in den Städten wieder in den Fokus rückt. Dabei tritt nicht zum ersten Mal der zwischenzeitlich medial negativ konnotierte Begriff der "autogerechten Stadt" in die öffentliche Diskussion. Gerne übersehen wird dabei, dass der Begriff der "autogerechten Stadt" von seinem Autor, dem Architekten und Stadtplaner Hans Bernhard Reichow durchaus positiv im Sinne einer "Autostadt nach menschlichem Maß" verstanden werden wollte. Die heutige Kritik an der "autogerechten Stadt" aber auch ebenso ihre weitgehend unbewusste Akzeptanz in der Bevölkerung und Politik, übersieht gerne den über 100 Jahre andauernden Prozess einer Umwandlung von städtischem Raum und stadtplanerischen Leitbildern. In der Beschäftigung mit Vergangenem tritt ein weiteres Phänomen in den Vordergrund, das ebenso zu wenig Beachtung findet, nämlich das des "kollektiven Vergessens". Es beschreibt beim Menschen den Verlust der Wahrnehmung von Veränderung, der dann auftritt, wenn jede Generation neu definiert, was "natürlich" ist. Damit wird erklärbar, warum objektiv vorhandene Veränderungen, zum Beispiel in einem System wie der Stadt, über lange Zeiträume hinweg nicht mehr das subjektive Bewusstsein der Menschen erreichen. So werden unsere Städte in ihrer jetzigen Gestalt von der Generation der Gegenwart häufig gar nicht mehr als "autogerecht" wahrgenommen, denn wer hat noch eine Stadt vor 100 Jahren erlebt und kann sich in die Geisteshaltung dieser Zeit hineinversetzen? Die Veröffentlichung stellt den Versuch dar, die Entwicklung der "autogerechten Stadt" von der Stadt des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart aus einer ganzheitlichen Sichtweise zu skizzieren, weshalb der Fokus explizit nicht nur auf entwurfstechnische Details, sondern vor allem auf eine Betrachtung im technik-philosophischen Kontext gelegt wird. Im Rahmen dieser Recherche zu einem Paradigma hat sich ein in der Ingenieurdisziplin bislang eher vernachlässigter Aspekt herausgestellt, nämlich dass bei der Suche nach Ursachen und Begründungen für technische Handlungen – wie unter anderem dem "autogerechten" Umbau einer Stadt – die soziologischen und psychologischen Einflussfaktoren nicht zu vernachlässigen sind.