Zurück Vor
0511 204
Plangleiche Knotenpunkte an vierstreifigen Straßen der EKL 2/EKL 3
2.376
IDN 709262
Forschungsstelle IGS Ingenieurgesellschaft Stolz mbH, Neuss
Bearbeiter Becher, T.
Beyen, M.
Klemmer, J.
Koros, K.
Schweizer, L.
Auftraggeber Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Bonn
Stand Abschluss: November 2020

Das Gesamtziel des Forschungsvorhabens war, das Sicherheitsniveau bestehender plangleicher, lichtsignalisierter Knotenpunkte auf zweibahnig, vierstreifigen Querschnitten zu ermitteln, indem systematisiert das Unfallgeschehen ausgewertet wird. Die Analysen zu bestehenden Knotenpunkten solcher Art sollen Empfehlungen zum sicheren Betrieb und zu gegebenenfalls erforderlichen Umbaumaßnahmen ermöglichen. Mit der Analyse zum Stand der Technik erfolgt die Ableitung von Leitthesen, die im Zuge der ersten Datenanalysen mit Blick auf das Unfallgeschehen ergänzt werden. Anhand der Leitthesen waren die offenen Fragestellungen zu lichtsignalisierten, plangleichen Knotenpunkten an zweibahnig, vierstreifigen Straßen zu diskutieren und Empfehlungen abzuleiten. Basis hierzu sind Unfallanalysen zu ausgewählten Untersuchungsstrecken mit Unfalldaten, ausgewertet nach Unfallkategorie, Unfallart und Unfalltyp. Über eine Überlagerung der Unfalldaten mit den verkehrstechnischen und straßengestalterischen Kennwerten wird das Risiko, in einen Unfall verwickelt zu werden sowie der Sicherheitsgrad der Gestaltung mittels Unfallraten und Unfallkostenraten abgeleitet und entsprechende Schlussfolgerungen gezogen. Die Untersuchung stellt verschiedene maßgebliche Kriterien heraus, um entsprechende Anlagen sicher betreiben beziehungsweise die Verkehrssicherheit an Bestandsanlagen erhöhen zu können. Die Analysen lassen im Hinblick auf einen Erkenntnisgewinn eine differenzierte Betrachtung der Knotenpunkte in die Bestandteile Zufahrtsbereich und Knotenpunktmitte als sinnvoll erscheinen. Ein Vergleich mit vorigen Untersuchungen, die die Knotenpunkte als gesamte Einheit betrachten, kann damit nur für einen Teil des Untersuchungskollektivs durchgeführt werden. Um genauere Erkenntnisse über die Knotenpunktmitten und -zufahrten zu erlangen, werden diese daher auch in den weiteren Leitthesen in dreiarmige und vierarmige Knotenpunkte und die entsprechenden Zufahrten unterteilt. Es zeigte sich, dass die Zufahrten, die zwischen zwei Knotenpunkten mit Abständen zwischen 500 und 1 000 m liegen, das höchste Risiko bergen, in einen Unfall verwickelt zu werden. Die Zufahrten, die zwischen zwei Knotenpunkten liegen, deren Knotenpunktabstand weniger als 500 m beträgt, weisen hingegen den höchsten Sicherheitsgrad auf. Darüber hinaus kann festgestellt werden, dass durch eine Reduzierung der zulässigen Geschwindigkeit auf unter 70 km/h die Unfallraten und damit die Gefahr, in einen Unfall verwickelt zu werden, bei den Knotenpunktabständen über 500 m deutlich vermindert werden kann. Die Erwartung, dass bei größeren Abständen mehr Unfälle geschehen, kann dabei nicht bestätigt werden. Es kann die Leitthese bestätigt werden, dass als Ganzes betrachtet dreiarmige Knotenpunkte einen höheren Sicherheitsgrad aufweisen als vierarmige Knotenpunkte. Zufahrten von dreiarmigen Knotenpunkten sind jedoch geringfügig unsicherer als die Zufahrten von vierarmigen Knotenpunkten. Ausschlaggebend für die Bestätigung der Leitthese sind die deutlichen Sicherheitsunterschiede der Knotenpunktmitten. Eine Erklärung zu den geringfügig unsichereren dreiarmigen Knotenpunktzufahrten kann aus den Untersuchungsergebnissen nicht abgeleitet werden. Eine Bestätigung der Erwartung, dass ein zusätzlicher Rechtsabbiegefahrstreifen sicherer ist als ein Geradeausrechtsabbiegefahrstreifen (Mischfahrstreifen) kann nicht erfolgen. Rechtsabbiegefahrstreifen weisen im Median ähnliche UKR (Unfallkostenraten) wie Mischfahrstreifen auf. Darüber hinaus ist das Risiko, in einen Unfall verwickelt zu werden, bei einem Rechtsabbiegefahrstreifen sogar höher als bei einem Mischfahrstreifen. Durch einen signalisierten Rechtsabbiegefahrstreifen ist zwar ein Sicherheitsgewinn zu verzeichnen, jedoch lediglich im Vergleich der signalisierten zu den freien Rechtsabbiegern im Hinblick auf Unfälle mit Personenschaden. Zusätzlich wurde der Einfluss des Verkehrs untersucht. Sowohl bei den kleineren als auch den größeren Verkehrsstärken liegen höhere Unfallkostenraten vor, bei den mittleren Verkehrsstärken dagegen niedrigere Unfallkostenraten und damit ein höherer Sicherheitsgrad. Der Bereich zwischen 10 000 Kfz/ 24 h und 15 000 Kfz/ 24 h (je Richtung, entspricht einem DTV-Wert von circa 20 000 Kfz/ 24 h bis 30 000 Kfz/ 24 h im Querschnitt) kann als "optimaler" Einsatzbereich mit dem höchsten Sicherheitsniveau (Unfallkostenrate) festgestellt werden. Zudem konnte gezeigt werden, dass mit späterer Erkennbarkeit des Knotenpunkts die Schwere der Unfälle zunimmt, jedoch die Anzahl an Unfällen unabhängig von der Erkennbarkeit ist. Die Erkennbarkeit eines Knotenpunkts kann als ein wesentliches Element zur Beeinflussung der Schwere der Unfälle ausgemacht werden. Es wird empfohlen, die Erkennbarkeit des Knotenpunkts ab einer Entfernung von mindestens 250 m zu gewährleisten. Auf Basis der durchgeführten Untersuchung ist ein Sicherheitsgewinn durch den Einfluss einer koordinierten Steuerung oder einer grünen Welle weder nachweisbar noch widerlegbar.

Veröffentlichung Informationen Forschung im Straßen- und Verkehrswesen, Teil: Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Lieferung Nr. 114, 2023