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0602 285
Trends und Determinanten des Verkehrsverhaltens in den USA und in Deutschland
70.802/06
IDN 708113
Forschungsstelle Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin
Bearbeiter Kunert, U.
Bühler, R.
Auftraggeber Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Bonn
Stand Abschluss: November 2008

Trotz der Ähnlichkeiten zwischen Deutschland und den USA in solchen Faktoren wie dem Pro-Kopf-Einkommen, dem Lebensstandard, der Industrialisierung und der Bedeutung der Automobilindustrie für die Volkswirtschaften beobachten wir extreme Unterschiede im Verkehrsverhalten der Bevölkerung. Die Bürger der USA legen im Durchschnitt fast ein Fünftel mehr Wege mit über zwei Drittel höheren Tagesdistanzen zurück. In den USA wird die Alltagsmobilität fast ausschließlich mit dem Auto bewältigt, das für etwa sieben Achtel der Wege genutzt wird. Im Jahr 2003 kamen in Deutschland auf 1 000 Personen 545 Autos verglichen mit 762 (cars and light trucks) in den USA; dies sind zwei der weltweit höchsten Motorisierungsraten aber das aktuelle Niveau der Motorisierung in Deutschland entspricht dem in den USA vor etwa 25 Jahren. In Deutschland bestreiten die Verkehrsmittel des Umweltverbundes einen Anteil von zwei Fünfteln des Verkehrsaufkommens, dreimal höher als in den USA. Rechnerisch legt jeder Deutsche über 130 Wege und mehr als 1 100 Kilometer im Jahr mit dem ÖPNV zurück – ein US-Bürger gut 30 Wege über 130 Kilometer. Bei der Darstellung der Entwicklung der Mobilität treten dennoch wesentliche Trends hervor, die beiden Ländern gemeinsam sind: 1) Die Zunahme von Autobesitz und Nutzung; 2) Anstieg der Wegelängen und der Wegehäufigkeit je Person; 3) Rückgang des Anteils der Wege, die zu Fuß oder mit dem ÖV durchgeführt werden und 4) damit eine Annäherung des Verkehrsverhaltens zwischen den zwei Ländern hin zu einem stärker vom Auto abhängigen Verkehrssystem. Obwohl also die großen Trends ähnlich sind, lassen sich die genannten entscheidenden Unterschiede feststellen, die weitgehend verfestigt erscheinen und zu deren Verständnis diese Studie beitragen will, um Folgerungen für die Planung abzuleiten. Für die deskriptiven Darstellungen der Mobilität und für die statistischen Analysen werden die Individualdaten der nationalen Mobilitätserhebungen NHTS 2001 der USA und MiD 2002 für Deutschland genutzt. Dabei weisen Amerikaner für alle Einflussgrößen und alle Subgruppierungen ein höheres Mobilitätsniveau als Deutsche auf. Die Verteilungen für beide Länder überlappen sich dabei nur selten: Meist ist die tägliche Wegedistanz der mobilsten deutschen Kategorie (z. B. nach Einkommen das oberste Quartil) noch geringer als die der Amerikaner mit der kürzesten täglichen Wegstrecke (hier: das unterste Einkommensquartil). Die Literaturübersicht zeigt, dass Unterschiede im individuellen Verkehrsverhalten durch sozio-ökonomische Merkmale, Raumstruktur, Verkehrspolitik und Kultur erklärt werden können.

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