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Detailergebnis zu DOK-Nr. 72800

Bergrechtliche Bewilligung und Fernstraßenbau: eine überfällige Wende durch den EGMR

Autoren G. Kühne
Sachgebiete 3.4 Bau- u. Planungsrecht, Planfeststellung
5.1 Autobahnen

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 37 (2018) Nr. 4, S. 214-217

Es gibt Situationen, in denen eine Rechtsordnung so in ihren fehlsamen Traditionen befangen ist, dass es für Änderungen eines Anstoßes von supranationaler Seite bedarf. Derartiges ist kürzlich durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vollbracht worden. Es ging um das Problem der Entschädigung des Inhabers einer staatlich verliehenen Bergbauberechtigung für die faktische Entziehung von dieser Berechtigung unterliegenden Bodenschätzen (Kalksteinvorkommen) im Zusammenhang mit der Anlegung einer Autobahntrasse. In einem Grundsatzurteil aus dem Jahre 2011 hatte der BGH mit Rücksicht auf die Bestimmung des Paragrafen 124 IV des Bundesbergesetzes (BBergG) eine Entschädigung abgelehnt, da diese dort nur für besondere Schutzaufwendungen des Bergbautreibenden, nicht aber für den Entzug der Bodenschätze gewährt wird. Das BVerfG nahm die eingelegte Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. Auf der Linie des BGH liegt auch die bis in die jüngste Zeit fortgeführte Rechtsprechung des BVerwG. Mit einem Paukenschlag hat nunmehr der EGMR durch Urteil vom 19.01.2017 in dem vom BGH im Jahre 2011 entschiedenen Fall einen Entschädigungsanspruch nach Art. 1 Zusatzprotokoll (ZP) zur EMRK jedenfalls dem Grundsatz nach gewährt. Er sieht die in der Abbauberechtigung (Bewilligung nach § 8 BBergG) enthaltene Nutzungsbefugnis (Gewinnung des Kalksteinvorkommens) als "Eigentum" im Sinne des Art. 1 ZP EMRK an, das nur unter - seiner Auffassung nach hier nicht gegebenen - außerordentlichen Umständen entschädigungslos entzogen werden dürfe.