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Detailergebnis zu DOK-Nr. 74493

Digitale Mobilitätslösungen - Perspektiven für den ländlichen Raum?

Autoren G. Prätorius
Sachgebiete 5.3.4 Öffentlicher Personennahverkehr
5.0 Allgemeines (Verkehrsplanung, Raumordnung)
0.11 Datenverarbeitung

Verkehr und Technik 72 (2019) Nr. 5, S. 172-174

Obwohl technische und wirtschaftliche Entwicklungen standortunabhängiger werden, verschärft sich das Stadt-Land-Gefälle zum Beispiel in der Bildungs-, Gesundheits- und kulturellen Infrastruktur. Während die Digitalisierung vor allem im Zusammenhang mit dem motorisierten Individualverkehr thematisiert wird, werden im öffentlichen Bereich die Versäumnisse der Vergangenheit und die bestehenden Defizite (kommunale Zersplitterung, Tarif-Intransparenz, komplexe Bezahlvorgänge etc.) erörtert. Dabei bestehen Chancen der Digitalisierung im ÖPV auch im ländlichen Raum. Denn ÖPV, wie wir ihn heute kennen, leidet an der demographischen Entwicklung (überspitzt: Schülerverkehr + Einzelkunden), für die ein Angebot kaum wirtschaftlich zu betreiben ist; die bekannte Abwärtsspirale droht. Die Digitalisierung schafft Möglichkeiten, den ÖPV neu zu denken, ihn letztlich zu individualisieren: Eigeninitiativen der Bürger, Bürgerbusse, Mitfahrgelegenheiten inklusive Haltepunkte und entsprechender Info-Systeme sind hierfür Beispiele. Neue kommerzielle digitale Mobilitätslösungen (Uber, Moia) werden aber nur in Ballungsräumen angeboten, schlicht, weil sie hier wirtschaftlich zu betreiben sind. Paradox: dort, wo ein hinreichendes ÖPV-Angebot besteht, breiten sich die digitalen Mobilitätslösungen aus (und führen eher zur Zunahme des Gesamtverkehrs), dort wo sie aufgrund der Nutzerbedürfnisse notwendig wären, finden sie nicht statt. Damit nicht Entwicklungen wie bei E-Commerce eintreten, ist eine politische Rahmensetzung gefragt. Das Prinzip der Daseinsvorsorge, das Sichern einer menschenwürdigen Existenz, das in Artikel 72 GG formulierte Politikziel der "Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse", greift hier. Menschen in ländlichen Räumen betrifft die Nicht-Erreichbarkeit und infolgedessen das Ausgeschlossen-Sein. Das kann (nur) durch eine partizipative Mobilität überwunden werden. Digitale Mobilitätslösungen können dazu einen wichtigen Beitrag leisten.