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Detailergebnis zu DOK-Nr. 75379

Die Ableitung von Klimaschutzmaßnahmen aus grundrechtlichen Schutzpflichten

Autoren T. Groß
Sachgebiete 3.0 Gesetzgebung
6.10 Energieverbrauch

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 39 (2020) Nr. 6, S. 337-342, 74 Q

Das oberste niederländische Gericht hat einer Klage stattgegeben, die den Staat zu zusätzlichen Klimaschutzmaßnahmen verpflichtet. Der Beitrag diskutiert die Erfolgsaussichten von entsprechenden Verfassungsbeschwerden in der Bundesrepublik Deutschland und zieht dazu auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) heran. Kurz vor Weihnachten des letzten Jahres gab es einen juristischen Paukenschlag. Aufgrund einer Klage der Stiftung Urgenda hat der Hoge Raad, das oberste Zivilgericht der Niederlande, mit seinem Urteil vom 20.12.2019 den niederländischen Staat dazu verurteilt, die Treibhausgasemissionen des Landes bis zum Ende des Jahres 2020 um 25 % im Vergleich zum Jahr 1990 zu reduzieren. Das Gericht bestätigte damit die Urteile von zwei Vorinstanzen. Es leitete die Verpflichtung aus den Grundrechten in Art. 2 und Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention ab, die in den Niederlanden nach Art. 94 der Verfassung im Rang über den Gesetzen steht. Das quantitative Ziel ergibt sich aus den Verpflichtungen des Pariser Abkommens. Nach den vorliegenden Daten erfordert das Urteil erhebliche zusätzliche kurzfristig wirksame Maßnahmen, die nun von Regierung und Parlament ergriffen werden müssen. Es handelt sich um das erste letztinstanzliche Gerichtsurteil, das einen Staat dazu verpflichtet, zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen. Während in Großbritannien ein weiter in die Zukunft gerichteter Antrag rechtskräftig zurückgewiesen wurde, weil die bereits beschlossenen Maßnahmen für ausreichend angesehen wurden, sind ähnliche Klagen in anderen Ländern wie Belgien, Frankreich oder der Schweiz noch anhängig. Daneben gibt es eine Vielzahl von Klagen gegen Unternehmen, die aber nicht die hier behandelte Dimension der grundrechtlichen Schutzpflichten betreffen. Auch in Deutschland gibt es inzwischen mehrere Verfahren. Eine Klage von Greenpeace und dreizehn Einzelpersonen vor dem Verwaltungsgericht Berlin, die von der Bundesregierung zusätzliche Maßnahmen verlangte, um das selbst gesteckte Klimaschutzziel 2020 noch zu erreichen und europarechtliche Reduzierungspflichten zu erfüllen, wurde im Herbst 2019 wegen fehlender Klagebefugnis abgewiesen.