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Detektion von Radfahrern im signalgeregelten Bereich von Knotenpunkten in Verbindung mit Absetzung einer Warnmeldung für Kraftfahrzeuge | |
77.602 | |
IDN 709716 | |
Forschungsstelle |
Institut für Automation und Kommunikation e. V., Magdeburg (ifak) |
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Bearbeiter |
Czogalla, O. Schade, J. Kaiser, A. Abboud, M. Mischke, J. |
Auftraggeber |
Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Bonn |
Stand | Abschluss: Juli 2024 |
Im Bereich von signalgeregelten Knotenpunkten kommt es oftmals zu Konflikten zwischen dem geradeausfahrenden Radverkehr und dem rechtsabbiegenden Kraftfahrzeugverkehr. Um Fahrzeugführende an besonders konfliktbehafteten Knotenpunkten bei ihren Fahraufgaben zu unterstützen und somit Kollisionen mit dem Radverkehr zu vermeiden, werden infrastrukturseitige Abbiegeassistenzsysteme erprobt, die kritische Situationen automatisch erkennen und die betreffenden Verkehrsteilnehmer rechtzeitig warnen sollen. Zur Bewertung der Zuverlässigkeit und potenziellen Wirksamkeit des Warnsystems wurden während des Realbetriebs aufgetretene Konfliktsituationen und die entsprechenden Warnsignale des Doppelblinkers mithilfe einer automatisierten Videoanalyse stichprobenartig ausgewertet. Dazu erfolgte eine insgesamt viertägige Videobeobachtung in zwei Teilen im Januar und März 2024. Für den infrastrukturseitigen Abbiegeassistenten wurde eine Genauigkeit der Situationserkennung von durchschnittlich 87,9 Prozent festgestellt. Dies bedeutet, dass in fast neun von zehn Fällen eine Situation korrekt erkannt wurde und eine entsprechende Warnmeldung ausgeben beziehungsweise nicht ausgegeben wurde. Lediglich in vier von 100 Fällen (3,72 Prozent) wurde eine potenzielle Konfliktsituation nicht erkannt und die Kfz-Fahrenden nicht gewarnt. Bezogen auf die Gesamtdauer der Konfliktsituationen beträgt die Genauigkeit 90,4 Prozent und in 2,5 Prozent der Zeit wurden potenzielle Konfliktsituationen dagegen nicht erkannt. Entscheidend für die Wirksamkeit ist neben der korrekten Situationserkennung auch die Rechtzeitigkeit der Warnmeldung. Diese wurde anhand der Kenngröße Pünktlichkeit bewertet. Hier gilt eine Warnung per definitionem als pünktlich, wenn diese erfolgt, bevor der Radfahrende den voraussichtlichen Konfliktpunkt mit dem rechtsabbiegenden Kraftfahrzeug erreicht. Dies trifft auf durchschnittlich 94 Prozent der wahr-positiven Situationen zu. Die Pünktlichkeit beziehungsweise Rechtzeitigkeit einer Warnung umfasst auch die erforderliche Reaktionszeit für die Person im Pkw, die hier neben der reinen Reaktion auch die Zeit zum Bremsen oder Ausweichen umfasst. Aus einer Untersuchung im Rahmen des Xcycle-Projekts ist bekannt, dass Verkehrsteilnehmende eine Warnmeldung als rechtzeitig empfinden, wenn diese mindestens 3,5 Sekunden vor dem Konfliktpunkt eintrifft. Daher relativiert sich die hohe Pünktlichkeit des untersuchten Warnsystems in Gießen, wenn die verfügbaren Reaktionszeiten von durchschnittlich nur 2,6 Sekunden betrachtet werden. In nur 19 von 66 ausgewerteten Situationen beträgt der Wert mindestens 3,5 Sekunden, was einer Quote von 28,8 Prozent entspricht. Das heißt, in nur etwa jeder dritten bis vierten Konfliktsituation hätten die Kfz-Fahrenden im Ernstfall rechtzeitig reagieren können, während in den anderen Fällen die Warnung zu spät gewesen wäre. Die Warnmeldung erfolgt in der aktuellen Systemkonfiguration (Stand: Mai 2024) ausschließlich durch ein optisches Warnsignal in Form eines Doppelblinkers vom gegenüberliegenden Straßenrand. Wie hoch der Anteil der Kfz-Führenden ist, die den Doppelblinker tatsächlich als Warnsignal in Bezug auf von hinten kommende Radfahrer wahrnehmen und beachten, wurde in dem Projekt nicht untersucht. Durch die geplante Inbetriebnahme einer Roadside Unit, die Warnnachrichten direkt an einzelne Fahrzeuge sendet, wird die Wirksamkeit des Warnsystems perspektivisch erhöht. Die Warnmeldungen können jedoch nur in Fahrzeugen, die über eine On-Board Unit verfügen, verarbeitet und angezeigt werden. Seitens der Stadt Gießen ist bereits vorgesehen, Linienbusse und andere Dienstfahrzeuge mit solchen On-Board Units auszustatten. |
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Veröffentlichung |